2016-12-01:
Ohrwachskratzer

Konnichiwa und herzlich willkommen im Kuriositäten-Adventskalender 2016! Das Thema dieses Jahr sind Kuriositäten aus Japan, wobei ich versucht habe, nur Dinge aufzunehmen, die ich erst während meines Aufenthaltes hier kennengelernt habe, also noch nicht vorher kannte… ;-)

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Heute geht es um Ohrenschmalz. Menschen haben ein Gen, das steuert, ob sie feuchtes oder trockenes Ohrenschmalz haben. Während in Europa und Afrika der feuchte Typ üblich ist, haben viele Asiaten graues, trockenes Ohrenschmalz. Na, und da braucht man dann statt Wattestäbchen halt solche Kratzer! :-)

(Gefunden in einem Laden in Nara)

2016-12-02:
Aschevorhersage

Im Süden Japans befindet sich der Vulkan Sakurajima. In Japan gibt es nun hunderte von Vulkanen, aber der Sakurajima ist insofern bemerkenswert, als dass er quasi ständig ausbricht: Mehrmals am Tag spuckt er eine Aschewolke aus, die dann über die umliegenden Siedlungen und Städte herabregnet. Das hat unter anderem zwei Effekte: Es gibt auffällig viele überdachte Bereiche in der Region, und: Der lokale Wetterbericht beinhaltet eine Aschevorhersage! Die aktuellen Meldungen könnt ihr euch auf der Webseite der Metrologischen Behörde ansehen. Die obere Reihe zeigt die Regionen, in denen mit Ascheregen zu rechnen ist, in den unteren Bereichen fallen Lavakrümel, die mehr als zwei Millimeter groß sind.

(Gesehen auf der Fähre vom Sakurajima nach Kagoshima)

2016-12-03:
Eki-melo

Mir fiel in Tokyo sehr schnell auf, dass alles Musik macht. Geldautomaten zum Beispiel dudeln eine fröhliche Melodie, wenn sich das Geldfach öffnet. Es fahren Lautsprecherwagen durch die Gegend, die keinen anderen Zweck zu haben scheinen als für neue J-Pop-Songs zu werben (indem sie diese lautstark vorspielen). Ich war in einem Supermarkt, in dem in einer ca. 30-sekündigen Endlosschleife ein Lied lief, dessen (vollständige) Lyrics aus "Bounce, bounce, kawaii, kawaii!" bestanden. Naja, und was noch Musik macht, sind halt Bahnhöfe.

Besonders bekannt dafür sind die Haltestellen der zentralen Yamanote Line in Tokyo. Bei jedem Halt eines Zuges wird dort eine sogenante eki-melo ("Bahnhofs-Melodie") abgespielt, was laut Betreiber die "emotionale Verbindung der Kunden zu den von ihnen oft genutzten Haltestellen" stärken soll. Tatsächlich haben viele Haltestellen eine einzigartige Melodie, in Takadanobaba zum Beispiel läuft das Titelthema von "Astro Boy" (weil der Charakter in diesem Stadtbezirk geboren worden sein soll).

Hier könnt ihr euch das mal anhören. Gibt's alternativ auch in Echtzeit oder... nachgepfiffen?

2016-12-04:
IT charm

Glücksbringer sind in Japan allgegenwärtig. An jedem größeren Schrein oder Tempel kann man sie erwerben, wobei man beispielsweise die Auswahl hat zwischen kleinen Säckchen, die garantieren sollen, dass ein Wunsch in Erfüllung geht, verzierten Schildern, die vor Autounfällen schützen sollen, oder Miniaturgeldbeuteln, die finanziellen Erfolg versprechen.

Und dann gibt es noch den Kanda-Schrein. Der befindet sich ganz in der Nähe vom Elektronik- und Nerd-Mekka Akihabara, einem Stadtteil Tokyos. Dort kann man einen ganz besonderen Glücksbringer kaufen, den "IT information safeguard charm". Dieser besteht aus zwei Aufklebern in Platinen-Optik, die man auf dem heimischen Computer und auf dem Smartphone anbringen kann, und der dann verspricht, Schadsoftware von ihnen fernzuhalten. Zwinker!

2016-12-05:
Mario Pikachu

2016-12-06:
Regenschirm-Infrastruktur

Dass Regenschirme einen hohen Stellenwert im japanischen Alltagsleben haben, hatte ich schon gehört. Ich habe allerdings die Ausmaße unterschätzt.

Das ist nämlich so ein Phänomen: Japaner laufen den ganzen Tag mit winzig kleinen Taschen durch die Gegend, aber wenn es anfängt zu regnen, haben alle plötzlich einen großen, meist transparenten Regenschirm. Und wirklich faszinierend ist dann, wie auch in dichten Menschenmengen die Schirm so elegant tanzen, dass sie sich untereinander nicht berühren.

Die Beliebtheit von Regenschirmen hat dann mehrere Auswirkungen, zum Beispiel, dass man im Alltag recht wenige Regenjacken sieht. Schirme gibt es an jeder Ecke für wenige hundert Yen zu erwerben. Vor Läden gibt es meist große Vorrichtungen zum Hineinstellen von Schirmen, die manchmal sogar einzeln abschließbar sind. Das nebenstehende Schild war vor einem Museum angebracht, und forderte einen auf, seinen Schirm links oder rechts anzuschließen. Manchmal steht dort auch ein Gerät, dem man lange Plastiktüten zum Verpacken der Schirme entnehmen kann, damit die nicht herumtropfen.

Während der Regenzeit (Juni/Juli) ist ein Schirm wahrscheinlich wirklich essenziell, aber viele Japaner benutzen Regenschirme auch bei Schneefall! Gute Idee eigentlich, da wäre ich nur nie drauf gekommen.

2016-12-07:
Buddhas Nasenloch

Im Tōdai-Tempel in Nara befindet sich nicht nur ein riesengroßer bronzener Buddha, sondern auch diese Holzsäule. Unten in der Säule ist ein Loch, das etwa so groß ist wie eines der Nasenlöcher der Buddha-Statue. Und selbstverständlich führt das Durchklettern dieses Loches zur Erleuchtung. Was viele Besucher des Tempels eifrig ausprobieren, und auch gerne mal drin stecken bleiben ;-)

2016-12-08:
Gesichtsmasken

Direkt bei der Einreise nach Japan wurde ich von einer Gesichtsmaske begrüßt, die Dame am Immigrationsschalter trug nämlich eine. Die Masken sind aus Zellstoff und in der überwältigen Mehrheit einfach weiß. Die coolen Goth-Teenager in Tokyos Stadtteil Roppongi tragen schwarze, und angeblich gibt es auch welche mit aufgedruckten Motiven – die sind mir aber noch nicht im Straßenbild aufgefallen.

Es gibt mindestens drei Gründe für Japaner, diese Masken zu tragen: Erstens gehört es zum guten Ton, bei einer Erkältung eine Maske zu tragen, um zu verhindern, andere anzustecken, zum Beispiel in der U-Bahn. Zweitens versuchen sich manche selbst durch Tragen einer Maske vor Ansteckung zu schützen, vor allem in Jahreszeiten, in denen man mit Grippewellen rechnen muss. Und drittens benutzen sie manche junge Japaner als soziale Barriere – ähnlich wie Kopfhörer in den Ohren schafft so eine Maske Distanz und macht es beispielsweise unwahrscheinlicher, in der Öffentlichkeit von der Seite angequatscht zu werden.

2016-12-09:
VR-Achterbahn

2016-12-10:
SS Bron

Die Arbeitsmoral in Japan ist bekanntermaßen hoch. Eine Erkältung zum Beispiel ist noch lange kein Grund, zu Hause zu bleiben, und so gibt es in den drug stores eine große Auswahl von rezeptfreien Medikamenten, die die Symptome von Erkältungen mildern sollen.

Unter diesen Medikamenten befindet sich auch SS Bron. Das enthält (neben Koffein) auch einen Stoff namens Dihydrocodein, das ist ein mit dem Codein verwandtes Opiat. Es wirkt schmerzstillend und hustenreizlindernd, in vielen Ländern ist es aber verboten, das ohne Verschreibung zu besitzen, weil hohe Dosierungen Rauschzustände auslösen. Da sollte man bei der Ausreise also aufpassen ;-)

2016-12-11:
Freestyle-Ikebana

Ikebana ist die "Kunst des Blumensteckens", die sich in Japan nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Es gibt da verschiedene Stilrichtungen, die teilweise sehr traditionelle, unflexible Regeln haben, und deren Gestecke einen hohen Symbolwert haben.

Na, und offenbar gibt es auch "Freestyle"-Stilrichtungen, in denen alles erlaubt ist. Hier abgebildet ist ein Gesteck, dass ich auf einer Ausstellung in Tokyo gesehen habe. Die Ausstellung hatte offenbar die eine Regel "muss Pflanzenteile enthalten", alles andere war erlaubt. Die Dauer der Ausstellung betrug nur zwei Tage, denn dann begannen die Ausstellungsstücke zu welken.

2016-12-12:
Garneleneis

2016-12-13:
Klebi-Klebi-Salat

An meinem ersten Abend in Japan griff ich im Supermarkt beherzt in das Fach mit den abgepackten Salaten und nahm denjenigen heraus, der am exotischsten aussah. Tja, es stellte sich heraus, dass der zu 80% aus den Früchten der Okra-Pflanze bestand, die un-glaub-lich schleimig sind. Urks! Einer meiner Japankontakte meinte, Schleimigkeit und die Gesundheit von Lebensmitteln würden in Japan direkt miteinander korrelieren. Dieser Artikel stellt noch mehr schleimige Nahrungsmittel vor.

Zugegeben, es stand auch drauf (in Katakana): "neba-neba sarada", was sich quasi übersetzen lässt mit "Klebi-Klebi-Salat". Nagut. Ich habe tapfer aufgegessen!

2016-12-14:
0-Yen-Banknote

Der aus Yokohama stammende Künstler AKASEGAWA Katsuhiko wollte in den 70er-Jahren zu einer Ausstellungseröffnung einladen. Seine Einladungen bestanden aus der Reproduktion einer 1000-Yen-Banknote, mit weiteren Details auf der Rückseite. Long story short, die Polizei wurde darauf aufmerksam und er wurde der Geldfälschung angeklagt. Der Prozess zog sich über mehrere Jahre hin, und im Laufe dessen erstellte er auch eine Serie von "0-Yen-Banknoten", wie rechts abgebildet, die offensichtlich kein "echtes" Geld darstellten. Er lud Kunstsammler dazu ein, diese Banknoten bei ihm gegen "echte" einzutauschen, bis irgendwann kein reales Geld mehr im Umlauf sein sollte.

(Gesehen in der Intermediateque in Tokyo)

2016-12-15:
Yuru-chara

So gut wie jede Stadt oder Region in Japan hat ein Maskottchen, das yuru-chara. Dabei handelt es sich um gannnz kawaii Figuren, die oft eine regionale Besonderheit hervorheben -- das Maskottchen von Nara ist beispielsweise ein Mönch mit Rehhörnern, denn beides ist dort sehr verbreitet.

Doch das ungewöhnlichste Maskottchen, das ich bisher gefunden habe, ist Gudetama, ein faules… Ei. (Die Doppelbedeutung ist im Original nicht intendiert :-) Der Name kommt von "gude gude" (faul, im Sinne von nicht-aktiv) und "tamago" (Ei).

2016-12-16:
Toyota-Museum

Zusammen mit einem Freund war ich im Toyota Commemorative Museum of Industry and Technology in Nagoya. Unser Besuch verlief allerdings etwas anders, als man denken könnte.

Die erste Hälfte des Museums widmet sich nämlich dem Teil von Toyota's Geschichte, als die Firma noch Webstühle produzierte. Unzählige Modelle illustrieren die Entwicklung von einfachen Spinnrädern und manuellen Webstühlen hin zu industriellen Großanlagen von vielen Metern Länge. Viele Geräte waren zudem funktionsfähig und wurden regelmäßig vorgeführt! Wir waren beide absolut fasziniert, und haben sicher über vier Stunden dort verbracht. Die letzte halbe Stunde, die das Museum geöffnet hatte, sind wir dann noch schnell durch die Abteilung mit den Autos gelaufen :-D

2016-12-17:
Zwei Hertzen

Das Stromnetz Japans weist eine große Eigenart auf, nämlich die Unterteilung in zwei verschiedene Frequenzen: Westlich von Tokyo kommt der Strom mit 60 Hz aus der Steckdose, während es in Tokyo und Ostjapan überall 50 Hz sind. Das hat historische Gründe: Ende des 19. Jahrhunderts kaufte der Stromversorger Osakas Equipment bei der US-amerikanischen Firma General Electric ein, und nutzte somit den US-Standard von 60 Hz. Tokyo kaufte bei der deutschen Firma AEG ein, und bekam so den europäischen Standard von 50 Hz.

Die Aufteilung blieb bis heute bestehen, und die beiden Systeme werden von drei dicken Frequenzkonvertern verbunden. Das ist auch mal wieder ein schönes Beispiel für den Kooperationswillen der Japaner. Ähnlich wie es in Tokyo drei verschiedene Metrosysteme gibt /o\

2016-12-18:
Ramen à la Hokkaido

Hokkaido ist die nördlichste Präfektur Japans, was nicht zuletzt zur Folge hat, dass dort ein kälteres Klima herrscht als im Rest des Landes. Auf diesen Umstand führe ich jetzt einfach mal ganz unzulässigerweise zurück, dass die Bevölkerungsdichte dort niedriger ist, weshalb mehr Platz für Landwirtschaft und Viehzucht ist. Fakt ist auf jeden Fall, dass Hokkaido bekannt ist für seine Milchprodukte.

Und dass die Bewohner der Präfektur selbst stolz darauf sind, merkt man zum Beispiel daran, dass sie überall Butter hineintun: In Sandwiches, in Gebäck, auf Kekse. Und halt in Ramen. Man sieht das auf dem Foto nicht, aber unter all den ganzen Einlagen befindet sich tatsächlich eine Nudelsuppe. Und links ist die Butter :3

2016-12-19:
"Bitte die Comics nicht im Stehen lesen."

2016-12-20:
Mülltütenhaus

Im Tokyo Rinkai Disaster Prevention Park wird der wahre Grund erklärt, warum man in Japan bei jedem kleinen Fieseleinkauf Mülltüten dazubekommt: Man braucht die, wenn ein Erdbeben einem das Haus zerstört und man plötzlich eine Notunterkunft braucht!

Siehe Bild. Habt ihr schon bemerkt, dass ihr die Fotos jetzt anklicken könnt, um sie näher zu betrachten? ;-)

2016-12-21:
Vollbeschäftigung

Wenn es in Japan an einem nicht mangelt, dann sind es Menschen. Und wenn die eh schon da sind, dann kann man sie doch auch gleich für folgende Tätigkeiten einsetzen:

2016-12-22:
Box-Autos

Die japanischen Autos haben sich über die Jahre den beengten Verhältnissen in ihrem Lebensraum, der Großstadt, angepasst. Ihre Schnauze hat sich zurückgebildet und abgeflacht, sodass sich ihre gesamte Körperform einem Quader annähert, um das nutzbare Volumen zu maximieren.

Ne, mal ernsthaft: In einer Stadt wie Tokyo sind Autos ohnehin Luxusgüter. Beim der Zulassung eines Autos muss man nachweisen, dass man einen festen Parkplatz dafür hat. Und da versuchen dann offenbar die meisten Hersteller, möglichst viel Auto in den begrenzten Parkplatz- oder Garagenraum zu bekommen… ;-)

2016-12-23:
Neujahrs-Lotterie

Neujahrskarten zu versenden hat in Japan große Tradition. In dem Zusammenhang gäbe es viele Kuriositäten zu erläutern, worauf ich heute jedoch hinausmöchte, ist die Neujahrs-Lotterie.

Unten auf jede einzelne Karte aufgedruckt ist eine Ziffenfolge. Mitte Dezember nehmen die Postämter die Neujahrskarten entgegen, stellen sie pünktlich zum 1. Januar zu, und Mitte Januar erfolgt dann die Ziehung der Gewinnzahlen. Je nachdem, wie viele Zahlen der Empfänger einer Karte "richtig" hat, gibt es große oder kleine Preise, meistens handelt es sich um Sachgeschenke. Und da viele Familien hunderte Neujahrskarten erhalten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest ein paar Briefmarken gewinnen, recht hoch! :-)

2016-12-24:
Pen Pineapple Apple Pen

In Erinnerung an die frühen Jahre dieses Adventskalenders gibt's heue ein japanisches Mem! Im August 2016 veröffentlichte der japanische Comedian Daimaou Kosaka ein Musikvideo auf YouTube, mit dem klangvollen Namen Pen Pineapple Apple Pen. Schaut euch erstmal das Original an, dauert nur ne Minute. :-D

Naja, es folgte memetische Verbreitung, und mittlerweile wurde das Video 100 Millionen mal angesehen. Wie das immer so ist, entstanden dann natürlich auch viele Parodien, zum Beispiel:

Und damit wünsche ich euch schöne Feiertage und einen guten Jahreswechsel! 読んでくれてありがとう!